Beitrag lesen

Die krankheitsbedingte Unfähigkeit, ein Testament zu errichten, ist in der Praxis häufig schwierig nachweisbar

von Stefan König

Dementielle Erkrankungen oder andere schwerwiegende Erkrankungen der Geistestätigkeit sind in der Praxis immer häufiger anzutreffen, insbesondere aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung im hiesigen Lebensraum. Wenn ein dementiell oder psychisch erkrankter Mensch in der letzten Phase seines Lebens ein Testament verfasst und darin nicht seine nächsten familiären Angehörigen als Erben vorsieht, sondern andere Personen aus seinem näheren Umfeld, die er/sie erst in einer späten Phase seines Lebens kennengelernt hat, wird von den als Erben übergangenen leiblichen Angehörigen nicht selten vermutet, dass der Erblasser bei Abfassung des Testamentes nicht mehr testierfähig im Sinne der gesetzlichen Vorschriften war mit der Folge, dass das Testament dann nicht wirksam ist.

Nach dem Gesetzeswortlaut und den dazu vorliegenden obergerichtlichen Entscheidungen ist eine erhebliche dementielle oder anderweitige psychische Erkrankung zwar grundsätzlich Voraussetzung dafür, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Abfassung des Testamentes testierunfähig gewesen sein kann; neben dem Vorliegen einer derartigen Erkrankung ist jedoch weitere Voraussetzung für die Annahme einer Testierungfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften, dass die dementielle oder anderweitige Erkrankung ausschlaggebender Grund  dafür war, dass der Erblasser bei Abfassung des Testamentes nicht mehr in der Lage war, die Bedeutung seiner letztwilligen Verfügung zu erkennen und frei von Einflüssen interessierter Dritter zu entscheiden, wer als Erbe eingesetzt werden soll.

Die Beweislast dafür, dass der Erblasser bei Abfassung des Testamentes testierunfähig war, hat dabei stets derjenige, der sich auf die Testierunfähigkeit des Erblassers beruft.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Person, die sich auf die Testierunfähigkeit des Erblassers berufen will, konkret darlegen und beweisen muss, dass der Erblasser bei Abfassung des Testamtents aus krankheitsbedingten Gründen nicht mehr in der Lage war, die Bedeutung des Testamentes zu erkennen und frei zu entscheiden, wer sein Erbe sein soll.

Wenn der krankheitsbedingt beeinflusste Zustand eines Erblassers zwischen klaren Momenten und Phasen der Verwirrtheit wechselt, reicht es für die Wirksamkeit eines Testamentes aus, wenn das Testament in einer sogenannten lichten Phase errichtet worden ist; auch in derartigen Fällen hat bei einer Erkrankung mit lichten und verwirrten Phasen des Erblassers diejenige Person, die sich auf die Testierunfähigkeit des Erblassers beruft die volle Beweislast dafür, dass das Testament in einer Phase der geistigen Verwirrtheit des Erblassers errichtet worden ist.

Nur dann, wenn zur Überzeugung des erkennenden Gerichts feststeht, dass der Erblasser in den Zeiträumen vor und nach Errichtung des Testaments anhaltend krankheitsbedingt verwirrt war, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass er auch zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes testierunfähig war. Im Ergebnis sind deshalb die Hürden des Nachweises für die Testierunfähigkeit des Erblassers für diejenige Person, die sich auf Testierunfähigkeit des Erblassers beruft, sehr hoch, so dass dieser Nachweis in der Praxis häufig nicht geführt werden kann.

Sofern Sie zu diesem Thema oder anderen erb- und familienrechtlichen Themen weitere Informationen wünschen, nehmen Sie bitte unter der Telefonnummer 0931/354770 oder unser Kontaktformular Kontakt mit uns auf.

Zurück zur Newsübersicht