Anwaltskanzlei König
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Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen in gerichtlichen Verfahren

Eingestellt am 29. April 2017 von Stefan König

Bei der Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen aus Verkehrsunfällen steht der beteiligte Fahrzeugführer in der Praxis nicht selten vor dem Problem, dass er den tatsächlichen Unfallhergang nicht beweisen kann, z. B. weil geeignete Zeugen nicht zur Verfügung stehen.

Eine ähnliche Problematik ist auch dann gegeben, wenn sich ein Fahrzeugführer in einem gegen ihn gerichteten Bußgeldverfahren dem Vorwurf eines Verstoßes gegen straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen ausgesetzt sieht und keine Zeugen für seine Entlastung vorhanden sind.

Um Beweisschwierigkeiten in derartigen Fällen zu vermeiden, haben sich in jüngerer Zeit immer mehr Verkehrsteilnehmer dafür entschieden, in ihr Fahrzeug eine sogenannte Dashcam zu installieren, um anschließend das gesamte Verkehrsgeschehen während der Fahrt aufzuzeichnen zu können.

Die damit verbundene Hoffnung, die während der Fahrt erzeugten Videoaufnahmen in einem gerichtlichen Verfahren verwerten zu können, erfüllt sich jedoch nur in Ausnahmefällen.

In einem vom Landgericht Heilbronn kürzlich entschiedenen Fall (Az. 3 S 19/14) hatte ein Fahrzeugführer in dem von ihm genutzten PKW eine Dashcam installiert und mit dieser Kamera vom Beginn bis zum Ende seiner Fahrten Aufnahmen vom Verkehrsgeschehen gefertigt.

Als er mit diesem Fahrzeug an einem Verkehrsunfall beteiligt war, waren keine Zeugen vorhanden, die den von ihm geschilderten Unfallhergang bestätigen konnten.

Er versuchte deshalb, in dem gerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung seiner unfallbedingten Ansprüche, die Verwertung der von ihm gefertigten Dashcam-Aufnahmen durchzusetzen.

Nach Aussage eines vom zuständigen Gericht eingeschalteten Sachverständigengutachters hat dieser nicht ausgeschlossen, dass bei Verwertung der Dashcam-Aufzeichnungen entscheidende Erkenntnisse für die technische Rekonstruktion des Unfallhergangs gewonnen werden können.

Das zuständige Gericht hat dennoch eine Verwertung der Dashcam-Aufnahmen nicht zugelassen und die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ohne Auswertung der von ihm gefertigten Dashcam-Aufnahmen der Nachweis des Verschuldens des anderen beteiligten Fahrzeugführers nicht gelungen ist.

Nach Ansicht des Gerichts verletzt die Aufzeichnung des Unfallgegners mittels Dashcam dessen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung; dieses Grundrecht umfasst als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch das Recht am eigenen Bild.

Dem gegenüber tritt das Interesse des Klägers im vom Landgericht Heilbronn entschiedenen Verfahren an der Beweissicherung zum Zwecke der Durchsetzung der unfallbedingten Ansprüche zurück, weil die am PKW des Klägers installierte Dashcam umfassende und heimlich gefertigte Aufzeichnungen des gesamten Verkehrsgeschehens dokumentiert hat

Eine solch großflächige Beobachtung von öffentlichen Straßen soll schon deshalb einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der anderen Verkehrsteilnehmer darstellen, weil durch die permanente Aufzeichnung mit der Videokamera eine Vielzahl von Personen in kurzer Zeit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen wird; dies beeinträchtigt nach Ansicht des Landgerichts Heilbronn das Recht der von der Aufzeichnung betroffenen Personen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen.

Würde man die Abwägung der betroffenen Rechtsgüter anders beurteilen, würde dies nach Ansicht des Landgerichts Heilbronn möglicherweise dazu führen, dass innerhalb kürzester Zeit jeder Bürger Kameras mit sich führt, um damit zur Dokumentation und als Beweismittel zur Durchsetzung von möglichen Schadensersatzansprüchen jedermann permanent zu filmen.

Diese Argumente des Landgerichts Heilbronn sind nicht von der Hand zu weisen.

Auch in einem vom Amtsgericht München kürzlich entschiedenen Fall wurde die Verwertbarkeit von derartigen Dashcam-Aufnahmen im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens mit ähnlicher Begründung verneint.

In einem Bußgeldverfahren hingegen hat kürzlich das Amtsgericht Nienburg die Verwertung eines Dashcam-Videos zur Entlastung des Fahrzeugführers zugelassen; entscheidend war bei dieser Entscheidung jedoch, dass der Fahrzeugführer die Bordkamera gezielt erst dann eingeschaltet hat, nachdem er von einem anderen Verkehrsteilnehmer bedrängt worden war.

Somit dürfte auch in einem zivilprozessualen Verfahren die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen zu bejahen sein, wenn der betreffende Verkehrsteilnehmer die Dashcam anlassbezogen, d. h. erst unmittelbar vor dem Unfallereignis eingeschaltet hat.

Nachdem Unfallereignisse jedoch im Regelfall nicht vorhersehbar sind, wird der betroffene Verkehrsteilnehmer nur in Ausnahmefällen Gelegenheit haben, rechtzeitig vor dem Zustandekommen eines Verkehrsunfalles die Dashcam in seinem Fahrzeug einzuschalten.

Es ist deshalb davon auszugehen, dass auch zukünftig nur in wenigen Ausnahmefällen die Verwertbarkeit entsprechender Videoaufzeichnungen in einem gerichtlichen Verfahren gegeben ist.

Sofern Sie zu diesem Thema oder zu anderen straßenverkehrsrechtlichen Themen weitergehende Informationen wünschen, nehmen Sie bitte unter der Telefon-Nr.: 0931/35477-0 oder über den Kontaktbutton Kontakt mit uns auf.

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